KALK
Wolfgang Werner, Münster
Mit
dem Überschreiten der Alpen kamen die Römer mit germanischen Stämmen im Norden
in Kontakt und vermittelten die Kenntnis der festen Bauweise mit Stein. Damit fanden
auch die lateinischen Bezeichnungen Eingang in die germanischen Sprachen, wie
sich noch heute bei der etymologischen Untersuchung einiger Fachausdrücke
zeigt: Mauer (lat. murus), Ziegel (lat. tegulum), Mörtel (lat. mortarium,
ursprünglich das Gefäß in dem der Mörtel angerührt wird, auch der Mörser hat
hier seinen Ursprung), Zement (lat cementum), Keller (lat. cellarium). Von lat.
calcis und griech. chalix leitet sich Kalk und Kalkstein und auch der Name des
zentralen Elements des weit verbreiteten Gesteins ab, das das fünfthäufgste
Element der Erdkruste ist (s.Tab. 1)). Der überwiegende Teil der Kalksteine ist
biogenen Ursprung. Darauf deuten auch die Bezeichnungen Muschelkalk und
Korallenkalk hin.
Tab.1
Zuammensetzung der Erdkruste [%gew.][1] |
|
Sauerstoff |
46,6 % |
Silicium |
27,7 % |
Aluminium |
8,1 % |
Eisen |
4,7 % |
Calcium |
3,6 % |
Natrium |
2,8 % |
Kalium |
2,6 % |
Magnesium |
2,1 % |
Titan |
0,4 % |
Wasserstoff |
0,1 % |
alle anderen |
< 0,1 % |
Kreide
(lat. terra creta, gesiebte Erde) ist eine Ablagerung von Foraminiferenschalen
(Foraminiferen werden dem Meeresplankton zugerechnet und haben Kalkschalen).
Diese Kalkablagerung ist nur wenig verdichtet und verfestigt, dass man sie
häufig kaum als Gestein betrachtet. Die Tafelkreide für die Wandtafeln wir
heute meist aus Gips (Ca SO4 .2H2O)
hergestellt.
Calciumcarbonat
Kalk
ist CaCO3 und kristallisiert
entweder als Calcit im trigonalen Kristallsystem. Eine andere Modifikation ist
der Aragonit im orthorhombischen Kristallsystem. Der Kalkspat aus besonders
regelmäßigen und großen Calcitkristallen und ist bekannt durch seine
Doppelbrechung. Der Name Spat kommt von
der auffälligen Spaltbarkeit her.
Calciumcarbonat
ist farblos, außer es wird durch Verunreinigungen gefärbt.
Ein
dem Kalk ähnliches Kalkgestein ist der Dolomit ein Calciummagnesiumcarbonat
CaMg(CO3)2. Dolomit wurde nach dem französischen Forscher
Déodat Gratet de Dolomieu (1750-1801) benannt, der sich u.a. mit diesem Gestein
beschäftigt hat. Die Diskussion um die Bildung des Dolomits ist noch nicht
abgeschlossen.
Bei
Kalk muss auch das regenbogenfarbig schillernde Perlmutt, das von Mollusken
gebildet wird, erwähnt werden. Es besteht zu 95% aus Aragonit und zu 5% aus organischer Materie
die in Schichten angeordnet sind. Auf dieser Schichtung beruht die
regenbogenfarbig schillernde Farbe. Bei Perlen ist die Schichtung konzentrisch
angeordnet.
Nicht
jedes polierbare Carbonatgestein ist Marmor (lat. marmor aus altgriech.
marmaros, wahrscheinlich verwandt mit marmarein funkeln, glänzen).
Petrographisch ist Marmor ein metamorphes Gestein: Kalkstein ist in tieferen Schichten durch
Druck und Hitze umgewandelt worden. Marmor zeichnet sich durch die hohe Dichte
(2,73 g/cm-3) und die lückenlose Kristallisation aus.
Kalkbrennen
Schon
in der Antike war die Kunst des Kalkbrennens weit verbreitet. Kalk gibt bei 900
bis 1000° C Kohlendioxid ab, und es bleibt Calciumoxid zurück (1):
900°-1000°C
(1)
CaCO3 + Hitze ® CO2 5 +CaO
Dieser
Vorgang wird verallgemeinert in der Chemie als Calcinieren bezeichnet.
Calciumoxid
wird nach der Herstellung gebrannter Kalk genannt. Mit Wasser reagiert er unter
Erhitzen zu Calciumhydroxid, (2) das als gelöschter Kalk bezeichnet wird weil
er sich mit Wasser nicht mehr erhitzt
(2) CaO
+H2O® Ca(OH)2
+ Wärme
Calclciumhydroxid
reagiert stark alkalisch und ist in der chemischen Technik die billigste Lauge.
Der volkstümliche Name ist Ätzkalk, da der Kontakt damit zu Verätzungen führt.
Eine breiige Suspension wird Kalkmilch genannt. Sie wird seit der Antike als
Kalkfarbe (weiß) verwendet, die wegen der starken Alkalität sowohl fungizid als
auch desinfizierend wirkt.
Eine
breiige Anrührung von Ätzkalk und Sand
im Verhältnis von 1: 2 bis 1: 5 ist der zum Bauen verwendete Mörtel.
Mit
dem Kohlendioxid der Luft (ca. 0,03 %) bildet sich Calciumcarbonat (zurück)
(2), in Form kleiner Nadeln, die mit der Sandkomponente verfilzen und einen
harten zusammenhängenden Feststoff bilden:
(3)
Ca
(OH)2 + CO2 ® CaCO3 + H2O
Bis
zum vollständigen Abschluss dieses Vorgangs (Mörtelprozess) kann es Jahre
dauern. Aus der Gleichung geht hervor, dass dabei Wasser freigesetzt wird, die
Mauer also feucht wird. Um den Vorgang zu beschleunigen, kann man einen
Kohleofen in den Rohbau stellen. Eine billige Variante ist in Berliner
Neubaugebieten um die Wende zum 20. Jahrhundert bekannt geworden: Man ließ arme
Leute zu günstiger Miete für einige Zeit in solchen Neubauwohnungen wohnen.
Dafür hat sich die Bezeichnung Trockenwohner gebildet; durch Atemluft (CO2)
und Heizung wurde die Verfügbarkeit der Neubauwohnungen beschleunigt.
Kalk
im Boden
Kalk
im Gemenge mit Ton ist Mergel und als fruchtbarer Boden geschätzt. Meist ist
auch Sand beteiligt, der für gute Durchlässigkeit sorgt. Wenn es regnet wird ein
Teil des Kohlendioxids in der Luft (ca. 0,03%) als Kohlensäure ausgewaschen (3)
(nicht zu verwechseln mit saurem Regen) und versickert, auf dem Weg in das
Grundwasser löst sie Calciumcarbonat (4)
(5)(6) So gelangen Kohlensäure und Calcium in das Grundwasser, aus dem
Trinkwasser gewonnen wird.
(4) CO2
+ H2O D H2CO3 _
(5)
H2CO3+
H2O D HCO3_
+ H3O+
(6)
CaCO3 + CO2 +H2OD Ca2+
+2HCO3_
Im
Trinkwasser ist die Menge der Kationen der Erdalkalimetalle für die Härte des Wassers
verantwortlich. Hartes Wasser beeinträchtigt z.B. den Geschmack und das
Aussehen von Tee und erhöht den Verbrauch von Spül- und Waschmitteln. Ein Teil
der Gesamthärte ist die vorübergehende (temporäre) Härte, bei der das Wasser gerade soviel Kohlensäure
enthält, dass sich kein Kalk abscheidet, sich
aber auch kein Kalk lösen kann. Wird einem solchen Wasser CO2
entzogen, z. B. durch Kochen, scheidet sich in Umkehrung von Gleichung (6) Calciumcarbonat als Kesselstein ab.
Kesselstein erschwert den Durchgang der Wärme der Heizung und muss teilweise
mechanisch entfernt werden. In der bekannten römischen Wasserleitung bei Nîmes
dem Pont du Gard hat sich durch Verdunstung von Wasser und Kohlendioxid im
Laufe der Zeit eine bis zu 45 cm dicke Schicht von Calciumcarbonat abgelagert.
Ist bei der Wasserhärte das beteiligte Anion ein anderes als
Hydrogencarbonat, z. B. Sulfat oder Chlorid spricht man von bleibender oder
permanenter Härte.
Um
die unerwünschte Eigenschaft der temporären Härte, d.h. die Bildung von
Kesselstein zu vermeiden kann man das Rohwasser durch Ionenaustausch enthärten,
oder durch Zusatz von Komplexbildnern binden. Für Dampflokomotiven hat man das
Rohwasser durch Zusatz von Phosphat und Abtrennung des Schlammes von Calcium-
und Magnesiumphosphat zu Kesselwasser aufbereitet.
Karst
Dieser
Begriff für steinigen unfruchtbaren Boden wurde nach der slovenischen
Landschaft Kras von deutschen Geographen geprägt und hängt auch mit dem Lösen
von Kalk nach der Gleichung (5) zusammen. Es werden unterirdische Gänge in das
Kalkgestein gelöst, durch die das Wasser versickernder Wasserläufe abläuft. Ein
markantes Beispiel dafür findet sich in Deutschland: In der schwäbischen
Alb versickert die Donau zwischen Immendingen
und Möhringen und tritt 12 km entfernt im Aachtopf bei Radolfzell mit einem
Abfluss von 10 m3/sec als Quelle der Radolfzeller Aach wieder zu
Tage. Die Radolfzeller Aach fließt in den Bodensee und damit über den Rhein in die Nordsee statt
in das Schwarze Meer wie die Donau. Der
Nachweis dieses Zusammenhangs konnte
1877 mit 10 kg Natriumfluorescein erbracht werden. Für die Strecke brauchte das
Wasser 60 Stunden.
Wenn
in einer Grotte Sickerwasser eindringt und die abfallenden Tropfen (griech.
stalagmos, Tropfen) im Kontakt mit der Luft durch Verdunsten von Wasser
auch CO2 verlieren, scheidet sich wie beim
Kesselstein CaCO3 ab, die Gleichungen (3) bis(5) gelten dann von
rechts nach links. Von der Decke
hängende Kalkgebilde bezeichnet man als Stalaktite (Unterscheidungshilfe:
französisch: tomber, fallen), die von unten der Decke entgegenwachsenden Kalkgebilde als Stalagmite
(Unterscheidungshilfe: französisch: monter, steigen).
weite
Verbreitung von Calcium
Pflanzenasche
enthält bis zu 40 Gew.% Calciumoxid. Düngekalk ist Calciumcarbonat oder auch
Calciumoxid. Er enthält meist auch Magnesium, das ebenfalls ein
Pflanzennährstoff ist. Phosphorit (ein in Deutschland an der Lahn vorkommendes
Calciumphosphat) ist ein Ausgangsmaterial für die Phosphorgewinnung. Die
Lagerstätten sind meist biogenen Ursprungs in Flachwasserzonen der Meere.
Hydroxylapatit
(Ca5(PO4)3(OH) ist der Hauptbestandteil der
Knochen, die 12% des Körpergewichts des Menschen ausmachen. Calcium muss der
Mensch mit der Nahrung aufnehmen. Milch und Michprodukte sind dazu besonders
geeignet:( Tab. 2)
Die
Sepiaschalen der Tintenfische bestehen aus Calciumcarbonat.
Gefäßverkalkung
(Artriosklerose) hat nichts mit Kalk zu tun; es handelt sich um Ablagerungen
von Fett in den Gefäßwänden, was den Blutdurchfluss beeinträchtigt.
Tab
2
In
100g sind |
mg
Calcium enthalten |
|
|
Vollmilch
oder H-Milch |
120 |
Joghurt |
120 |
Buttermilch |
110 |
Magerquark |
92 |
Camembert |
400 |
Roquefort |
600 |
Gouda |
800 |
Emmentaler |
1100 |
Parmesan |
1180 |
Vers la traduction en
français