ZUCKER
(Wolfgang WERNER – Münster)


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Photosynthese

Grüne Pflanzen gewinnen die Energie für ihre Lebensvorgänge aus dem Licht der Sonne und produzieren dazu aus dem Kohlendioxid der Luft und Wasser Substanzen nach der Summenreaktionsgleichung:

Wegen der allgemeinen Summenformel dieser Stoffe, werden sie seit 1844 nach dem Vorschlag von K. Schmidt als Kohlenhydrate (Kohlenstoffhydrate) bezeichnet.

Saccharose

Der im Haushalt verwendete Zucker ist kristallin; er wird daher auch als Kristallzucker bezeichnet. Größere Kristalle, die durch langsame Kristallisation erhalten werden, sind als Kandiszucker bekannt. Die Zuckerkristalle gehören zum monoklinen Kristallsystem. Die Bezeichnung Kandis geht auf arabisch quandi, kristallisierter Zucker zurück. Zucker wird auch als Raffinade bezeichnet: Der aus dem süßen Saft des Zuckerrohr oder der Zuckerrübe durch Eindicken gewonnene Sirup ist durch Produkte der Maillard-Reaktion braun gefärbt. Der daraus kristallisierende Zucker ist von anhaftenden Resten des Sirups braun gefärbt – brauner Zucker – und wird erst durch Reinigungsvorgänge, wie Umkristallisation und Adsorption zu weißem Zucker. Die Gesamtheit der Reinigungsprozesse wird als Raffination bezeichnet. Der Restsirup ist die Melasse. Melasse wir als Viehfutter verwendet oder es wird durch Vergärung des Restzuckers Ethanol gewonnen.

Wissenschaftlich wird der Zucker als Saccharose bezeichnet von lat. Saccharum und griech saccheron. Mit der Endung –ose bezeichnet man Zucker. Man findet auch die Bezeichnung Sucrose.
Die Saccharose ist eines der bei der Photosynthese gebildeten Kohlenhydrate. Sie ist sehr gut wasserlöslich: 200g in 100 ml bei 20° (bei 100° sind es 400g in 100 ml) und daher als Energieträger innerhalb der Pflanze leicht transportierbar. Allerdings bindet diese Substanz große Mengen Wasser und greift so in das osmotische Gleichgewicht ein.
Pflanzensäfte erreichen daher kaum einen Gehalt über 15%.

 Abb.1 Saccharose

  Aus der Strukturformel ist ersichtlich, dass Saccharose aus zwei einfachen Zuckern aufgebaut ist, sie wird daher als Disaccharid bezeichnet.
Die beiden einfachen Zucker haben ein Gerüst aus je 6 Kohlenstoffatomen und werden auch als Hexosen zusammengefasst, und wenn sie einzeln vorliegen als Monosaccharid bezeichnet.

Fructose
Der eine Zucker, die Fructose (Fruchtzucker), ist ebenfalls gut wasserlöslich (375g in 100 ml bei 20° C) und kann enzymatisch in den anderen Einfachzucker, die Glucose umgewandelt werden, auch die Umwandlung von Glucose in Fructose ist bekannt.
In der offenkettigen Form wird deutlich, dass die Fructose eine Ketogruppe enthält (Oberbegriff Ketose). Im festen Zustand bildet die Carbonylgruppe mit der Hydroxylgruppe an C5 ein cyclisches Ketal mit 5 Gliedern. Da der Grundkörper dazu das Furan ist, Fructose ist die bekannteste Furanose.

 Abb.2 Fructose

Glucose
Das andere Monosaccharid, der Traubenzucker wurde 1792 von Lowitz in Weintrauben entdeckt. Der Fachbegriff Glucose wurde 1838 von Jean-Baptiste Dumas (1800 - 1884) von griech. glykos süß geprägt. Glucose wird französisch ‚Glykose’ ausgesprochen. Friedrich August Kekulé von Stradonitz (1829 -1896) hielt den Namen Dextrose von lat. dexter, rechts für passender, da eine Lösung von Traubenzucker die physikalische Eigenschaft besitzt, die Ebene des linear polarisierten Lichtes nach rechts zu drehen. Eine Lösung von Fruchtzucker dreht die Ebene des polarisierten Lichtes nach links, entsprechend kam Fructose zur Bezeichnung Levulose (Lävulose) von lat. laevus, links.
Glucose ist ebenfalls gut wasserlöslich (82 g im 100 ml bei 25°C)

Abb.3 Glucose

Nach der Fischer’schen Schreibweise für Zucker wird das am höchsten oxidierte C-Atom oben geschrieben, die anderen darunter. Die Buchstaben D (dexter) oder L (laevus) vor dem Namen des Zuckers geben die sterische Zuordnung an. Manchmal ist auch ein Vorzeichen in Klammern dabei, das den Drehsinn angibt, der aber nicht mit D oder L übereinstimmen muss. Für die offenkettige Form ist die Schreibweise nach Emil Fischer (1852 -1919) gut geeignet. Die Aldehydgruppe (oben) führt zu der Bezeichnung Aldosen für Zucker mit einer Aldehydgruppe.

Abb.4 Glucose, Anomere

Die Carbonyl-Gruppe der Glucose bildet mit der OH-Gruppe an C5  ein intramolekulares Hemiacetal. Nach dem Grundkörper Pyran nennt man Zucker mit diesem Strukturelement auich Pyranosen. Die sich bei der Halbacetalbildung bildende OH-Gruppe kann axial (α) oder äquatorial (β) entstehen. Nach der Schreibweise von Haworth (1883 -1950) entspricht α der Transstellung der neuen OH-Gruppe an C1 zur CH2OH-Gruppe und β der cis-Stellung der beiden Gruppen. An C1 entsteht ein neues Chiralitätszentrum mit der Bildung von zwei Diastereoisomeren, die man auch Anomere nennt.
Der Feststoff liegt als
α-D-Glucopyranose vor. Eine Lösung davon hat zunächst den Drehwinkel von +112°. Nach einiger Zeit stellt sich ein Drehwinkel von +53° ein. Man nennt diese Änderung des Drehwertes Mutorotation (lat mutatio, Veränderung, und rotatio, Umdrehung). Es hat sich über die offene Form, die in nur geringer Menge vorliegt, ein Gleichgewicht eingestellt mit dem Verhältnis α : β wie 36%: 64%. Die β- D-Glucose hat einen Drehwert von +19°. Der gemessene Drehwert ist die Summe der Drehwerte der vorliegenden Substanzen.

Abb.5  Glucose, mutorotation

 Versetzt man eine Lösung von Saccharose, mit wenig Säure (H+) so ändert sich  sogar das Vorzeichen des Drehwinkels: von einem Ausgangsdrehwert von +66° ändert er sich zu -20°. Man nennt den Vorgang Inversion (lat. inversio, Umstellung). Saccharose wird in seine Bestandteile Glucose (+52°) und Fructose (- 92°) hydrolysiert. Die Mischung wird Invertzucker genannt; die Drehwerte summieren sich. Die Spaltung kann auch enzymatisch erfolgen wie z. B. im Magen der Biene bei der Bildung des Honigs. Eine Creme aus Invertzucker war um 1940 als Kunsthonig auf dem Markt.

Stärke
Stärke (Amylum) ist unlöslich und damit ohne Einfluss auf den osmotischen Druck in einer Zelle; sie ist auch ein Kohlenhydrat, das als Energiespeicher geeignet ist.

Abb. 6 Stärke, Amylose

Aufgebaut ist Stärke aus 1-4-verknüpften α-D-Glucosemolekülen sie wird als Reservestoff besonders in Samen, Knollen, Zwiebeln und Rhizomen abgelagert. Je nach Pflanzenart haben die Stärkekörner unterschiedliche Größe und Form und auch bei der Zusammensetzung gibt es Abweichungen. Es lassen sich zwei verschiedene Stärkearten unterscheiden:
    a) Amylose hat einem Anteil von 10 -30%. Das Makromolekül (10 – 300 000 Dalton) Die Glucosemoleküle sind linear 1-->4 verknüpft. Die Kette liegt als schraubenartige Struktur vor.Die Einlagerung von Iod (genau I
5- genauer Polyiodidanionen wie z. B.: I3- und I5-) in diese Helix ist als Iod-Stärke-Reaktion bekannt.
    b) Die andere Stärkeart ist Amylopektin mit einem Anteil von 70 – 90%, in dem die Glucoseeinheiten stark verzweigt 1-4- und 1-6- glycosidisch verknüpft sind, das Glycogen, die im menschlichen gebildete Stärke, ähnelt dem Amylopektin, ist aber stärker verzweigt.
Die Pflanze und der tierische Organismus sind in der Lage enzymatisch lösliche und damit transportierbare Einheiten von der Stärke abzuspalten. Das bekannteste Beispiel ist die Bildung von Malzzucker (Maltose) bei der Keimung von Gerstenkörnern zur Bierbereitung. Stärke ist das wichtigste Kohlenhydrat der Ernährung.

Abb.7 Stärke Amylopektin


 

Cellulose
Cellulose ist ein lineares, unverzweigtes Makromolekül, in dem 500 bis 5000 Glucose Einheiten 1-4
β- glycosidisch verknüpft sind.

Abb. 8 Cellulose


Cellulose ist  die Stützsubstanz der Pflanzen (u.a. Holz). Glucose kann daraus weder von Pflanze noch Tier mobilisiert werden. Für die menschliche Ernährung ist sie Ballaststoff. Nur Wiederkäuer können Cellulose nutzen, weil Mikroorganismen in deren Verdauungstrakt die Aufspaltung in verwertbare Einheiten durchführen. Chemisch ist unter drastischen Bedingungen eine Holzverzuckerung möglich, die in Schweden zur Gewinnung von Bioethanol als Kraftstoff eingesetzt wird.

Wege des Zuckers
Es fällt auf, dass die Bezeichnung von Zucker in vielen europäischen Sprachen ähnlich ist: engl. sugar, frz. sucre, ital. zucchero, span. azucar, port. açúcar, poln. cukier. Dem arabischen sukkar kommt durch die Handelwege und dazu durch den großen arabischen Einfluss im Mittelalter offensichtlich eine Schlüsselrolle zu.
Aus Ostasien ist das Zuckerrohr um 6000 v. Chr. nach Indien gelangt, wo man daraus Zucker als Substanz gewann. Heißen eingedickten Zuckerrohrsaft füllte man in kegelförmige Ton- oder –Holzgefässe; durch eine Öffnung in der Kegelspitze konnte der nicht mehr sehr zuckerhaltige Sirup abtropfen. Zurück blieb ein Konus aus festem Zucker, der Zuckerhut, den man heute wie auch den Würfelzucker (seit 1841) durch Pressen von feuchtem Kristallzucker erhält.

Ein Admiral, der Alexander den Großen auf seinem Indien-Feldzug begleitete, schrieb 327 v. Chr. von einem indischen Schilf, das Honig ohne Bienen liefert. Vermutlich wurde das altindische Wort sakara im Gefolge dieses Berichts der Ursprung für griech. saccharon und lat. saccharum. Im Sanskrit bedeutet sakara auch Sandkorn, was ein früher Hinweis auf die kristalline Form des Zuckers ist.
Plinius der Ältere (23 – 79 v. Chr.) schreibt in seiner historia naturalis, Buch II: „Arabien produziert Zucker, aber der aus Indien ist berühmter. Er ist weiß und knirscht zwischen den Zähnen. Die Stücke können die Größe einer Haselnuss erreichen. Man verwendet ihn in der Medizin.
Von den Persern lernten die Araber die Zuckerherstellung und damit auch deren Worte, wie quandi und sukkar. Im 8. Jahrhundert legten sie in Mesopotamien Zuckerrohrplantagen an, die sie mit Sklaven bewirtschafteten. Sie brachten das Zuckerrohr zunächst an Nil und Jordan, später mit ihrer Herrschaft über das Mittelmeer auch an dessen Küsten und auf die Inseln, besonders die Balearen.
Mit den Kreuzzügen zwischen 1095 und 1291 entdeckten die Kreuzfahrer das Zuckerrohr und brachten die Kunde vom „indischen Salz“ nach Europa. Bald danach findet sich Zucker als neues Gewürz in Apotheken zu einem Preis, der teils über dem des Pfeffers lag. Im 13./14. Jahrhundert finden sich die Begriffe Zucker und süß als Metapher in der Liebeslyrik der Minnesänger zum Beispiel:Oswald von Wolkenstein und Wolfram von Eschenbach und Walther von der Vogelweide.
Das Monopol für den Handel mit dem Orient hatte neben Genua besonders Venedig, das die Einfuhr von Zucker nach Europa kontrollierte. Diese Seehandelsmächte richteten auch Zuckerrohrplantagen an den Ufern des Schwarzen Meeres an. Mit dem Fall von Konstantinopel 1453 war dieser Handelweg versperrt.
Christoph Columbus nahm 1493 auf seine 2. Amerika-Reise Zuckerrohrpflanzen mit. Der sich schnell ausbreitende Anbau, verursacht durch die Nachfrage aus Europa, hatte die Verschiffung von Sklaven aus Afrika zur Folge. Die Einfuhr von Zucker aus der „Neuen Welt“ kam mit der Kontinentalsperre (1806) zum Erliegen.
Der Chemiker und Apotheker Andreas Sigmund Marggraf (1709 – 1782) untersuchte den Zuckergehalt einheimischer Pflanzen. Er fand 1747, dass die Runkelrübe den selben Zucker wie das Zuckerrohr enthält.
Sein Schüler, der Physiker und Chemiker Franz Karl Achard (1753 – 1821) führte auf seinem Gut bei Berlin Versuche zur Selektion besonders zuckerhaltiger Rüben durch und konnte König Friedrich Wilhelm III von Preußen die Gewinnung von Zucker aus einheimischen Quellen in Aussicht stellen. Mit Unterstützung des Königs konnte 1802 die erste Zuckerfabrik in Schlesien in Betrieb genommen werden.

Verwendung von Zucker
Dass man mit Traubenzucker die Leistungen der Olympioniken steigern kann, war schon den Ärzten der Antike bekannt. Traubenzucker war, so gesehen, das erste Mittel zum Doping. Es ist heute erwiesen, dass Traubenzucker besonders schnell in die Blutbahn tritt.
Zucker ist als Nahrungsmittel der Energielieferant über den Citrat – Cyclus für den menschlichen und tierischen Organismus, zuvor wird er enzymatisch gespalten. Insulin regelt den Glucose – Gehalt im Blut. Aus Glucose wird Glycogen, eine dem Amylopektin ähnliche Stärke aufgebaut. Glycogen wird in Leber und Muskeln abgelagert. Größere Mengen Glucose können auch zu Fettbildung führen.
Um dem Schlankheitsideal näher zu kommen, aber auch aus gesundheitlichen Gründen wird in Diäten oft der Zuckerkonsum eingeschränkt. Auf jeden Fall genügt die Energiezufuhr durch Zucker nicht zur Aufrechterhaltung der Lebensvorgänge; auch Vitamine und Spurenelemente sind lebensnotwendig.
In Verruf kommt der Zucker wegen seiner kariogenen Wirkung.
Mengenmäßig spielt die Verwendung von Zucker zur Herstellung von
Zuckercouleur  oder Caramel (Lebensmittelzusatzstoff mit der Bezeichnung E 150) keine große Rolle.
Die konservierende Wirkung des Zuckers beruht auf seiner Fähigkeit Wasser zu binden und so über die Osmose das Wasser den das Verderben bewirkenden Mikroorganismen zu entziehen. In kandierden Früchten wurde der Zellsaft durch Zuckersirup ausgetauscht. Konfitüren mit einem hohem Zuckergehalt sind selbst ohne besondere Vorkehrungen besser haltbar.
Eine zunehmende Rolle spielt die Vergärung zuckerhaltiger Lösungen (u.a. Melasse) zu Ethanol, das in Brasilien schon seit Jahren neben dem Benzin als Treibstoff für Automobile dient. Die Holzverzckerung z.B. in Schweden liefert nach Vergärung Ethanol, das dem Benzin beigemischt wird.

Zucker als Genußmittel
Beim Verzehr von Zucker steht nicht die Aufnahme von Nahrung sondern der Genuss im Vordergrund. Die Freude am süßen Geschmack und das Verlangen nach mehr als Charakteristikum hat in der Geschichte keine Wandlungen erfahren. Die Süßkraft der einzelnen Zucker ist verschieden. Zum Vergleich wird der Saccharose die relative Süßkraft von 1 zugeordnet.

Tabelle 1  relative Süßkraft einiger Zucker
 

Zucker

relative Süße

Saccharose

1

Fructose

1,1 – 1,7

Glucose

0,5 – 0,8

Invertzucker

 0,95

Sorbit (E 420)

0,4 – 0,5

Maltose*)

0,4

Lactose**)

0,3

*) Malzzucker    **)Milchzucker

Zuckerersatz
Der Verzicht auf den süßen Geschmack fällt schwer; aber die vernünftigen Gründe wenigstens zu Einschränkung des Zuckerkonsums sind zahlreich. Ein Ausweg ist der Ersatz durch andere süß schmeckende Stoffe.
Bei den als Zuckeraustauschstoff bezeichneten Substanzen handelt es sich um Zuckeralkohole, erkennbar an der Endung –it. Der wichtigste ist Sorbit (Synonyme: Sorbitol, Glucit, Glucitol), der in den Früchten der Eberesche oder Vogelbeere (sorbus aucuparia) vorkommt.

Abb.9 Sorbit


Wegen des großen Bedarfs wird Sorbit durch katalytische Hydrierung von Glucose hergestellt. Sorbit wird im Organismus zunächts in Fructose ungenwandelt, benötigt aber kein Insulin und hat nur einen geringen Brennwert. Zuckeralkohole sollen kein oder nur ein geringes kariogenes Potential besitzen.
Kalorienfrei und nicht kariogen sind die Süßstoffe, die chemisch keine Ähnlichkeit mit Zuckern, aber teils eine erhebliche Süßkraft haben.

Tabelle 2  relative Süßkraft einiger Süßstoffe
 

Süßstoff 

relative Süße

Acesulfam (E950)

130 -200

Aspartam (E951)

200

Cyclamat (E952)

30 -50

Saccharin (E954)

300 - 500



VERS LA TRADUCTION EN FRANCAIS



VERS LE TEXTE SCHILFHONIG